Starsailor (Hamburg, 2017)

Pathos reloaded ?

 

"Ordentlich Pathos" hatte die Hamburger Morgenpost vorher versprochen. Das war eigentlich nicht schwer zu orakeln, hatte man die großartigen Konzerte Anfang der 2000er noch im Gedächtnis (vgl. auch die überaus euphorischen, mir fast schon peinlichen Berichte hier im Archiv) oder sich vorab das aktuelle Album All This Life von Starsailor zugelegt.

 

Nach 2009 und vier Alben hatte man lange nichts mehr gehört von James Walsh und seinen Bandkollegen - es wurde sich vorübergehend getrennt. Das tat der Band und unseren nach bittersüßer Melancholie dürstenden Gemütern richtig gut! Nach zwei Alben, die nicht allzu schlecht waren, aber eben nurnoch verwechselbar, nun (2017) wieder ein Album, wo genauer hingehört werden darf und einem auch das kribblige Gefühl von damals wieder ein wenig in den Leib fährt.

 

Gut, ein zweites Love Is Here (2001) kann es einfach nie wieder geben, genausowenig, wie es ein neues Heartbreaker von Ryan Adams geben wird - aber man kann es schon ein klein wenig wieder spüren, dieses gewisse Fieber, was gute Songs ausmacht, die tiefer vordringen als nur in die Oberschicht der Haut, sich regelrecht fest ins Mark beißen und nicht mehr loslassen wollen (Blood ist wieder ein solcher). Auf Vinyl und mit Kopfhörern auf klappt das schon gut! Aber funktioniert das 2017 auch noch "live"? Diese Frage wollte ich mir im kleinen Mojo Club selbst beantworten.

 

Hach, was stand ich damals mit offenem Mund und Lebensgefühl in den noch jungen Adern im Schlachthof (Hamburg, 2001) allein unterwegs vor der Bühne dieser noch unbefangenen Band, als die Welt für einen kleinen Moment stehen blieb. "Mellow is the new hard.. Songs wie große Tränen!" schrieb das Rolling Stone Magazine über diesen Sound. Und nun?

 

Das Momentum, die Überraschung des Neuen, der Zauber des Anfangs von damals fehlte der Band natürlich 16 Jahre später, daher wäre ein Vergleich schon ein wenig unfair! Songauswahl, Zusammenstellung, Darbietung - alles stimmte wieder am Abend; wenngleich hier und da eine Dehnung auf sieben Minuten Länge (die Songs haben doch das Potential) und eine bessere Akustik wünschenswert gewesen wäre (zum Tanzen reichte es).

 

Die neuen Songs (Listen To Your Heart, Sunday Best u.a.) fügten sich neben den wunderschönen alten Stücken (überwiegend vom Album Love Is Here) auch gut ins Gewand. Der Hommage an den kürzlich verstorbenen Tom Petty (Angel Dream) wurde auch bedächtig gelauscht. Aber war das alles Pathos? Vielleicht in einer leichteren, zurückhaltenderen Form, die nicht mehr trieft und so schön weh tut.

 

Die Band konnte zwar musikalisch immer noch überzeugen und hatte auch das kleine Publikum erreicht (was der Vorband Kensington Road noch nicht so ganz gelingen wollte); wenn man denn Mitgesang (Best Of Me) und seichtes Mitschwingen (Lullaby) so deuten mag. Mit Good Souls, dem traditionellen Rausschmeißer des Zugabenblocks, schwappte eigentlich das erste Mal am Abend wieder ordentlich was zu mir persönlich rüber, aber damit war das Konzert dann auch schon leider beendet.

 

"Stimmung und Musik müssen zusammenpassen, es sei denn, die Musik ist so stark, daß man die eigene Stimmung vergißt." (Frank Spilker) - das hat diesen Abend (zumindest bei mir) nicht so ganz funktioniert.

 

(a.j.)

 

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